Italienische Reise
Die Sehnsucht nach dem Süden, nach der italienischen Lebensweise weckt seit Jahrhunderten die Reiselust der Deutschen und Nordeuropäer. Die italienische Reise wurde seit Goethe zu einem Klassiker.
Für Dichter, Künstler, Intellektuelle, Philosophen hat Italien seit Jahrhunderten eine beinahe zwanghafte Anziehungskraft. Dabei suchte man vor allem nach der europäischen Herkunft. Hinzu kam der Vatikan, kamen Pilgerfahrten mit Heilsversprechen durch die Kirche.
Die Renaissance ließ Italien erstrahlen
In der Renaissance erstrahlte Italien als das kultivierte, fortgeschrittene Land Europas. Die großen Gestalten der Renaissance wie da Vinci, Rafael… entwickelten Italien zum Ursprung der Moderne.
Die Italien-Sehnsucht
Später bekam der Süden, das Mittelmeer, an sich eine enorme Ausstrahlungskraft. Das dolce Vita, der gute Geschmack, der Duft der Zitronen, das freie mediterrane Leben rief eine große Sehnsucht der Nordeuropäer hervor.
„Die Sache ist wohl die, dass der Individualismus der Italiener, ihr Wirklichkeitssinn, ihr Beharren auf dem Eigenen dazu geführt haben, dass man in diesem Teil Europas auch jetzt noch weniger von dem antrifft, was überall ist. Weniger Reglementationen, weniger Disziplin und weniger Langeweile. Dafür mehr Häßlichkeit und Unordnung“, schreibt Joachim Fest in seinem Buch „Im Gegenlicht. Eine italienische Reise.
Das sonnige, helle Italien versprach der Schwere des Lebens im Norden zu entkommen. Italien-Reisende veröffentlichten Gedichte, Lieder oder Reise-Essays, wie zum Beispiel Jean Paul oder Eichendorff.
Der Italien-Tourismus begann sich bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Massenphänomen zu entwickeln. Dazu trug vor allem die neue Bequemlichkeit des Reisen bei. Bereits im Jahr 1863 gab es eine durchgehende Zugverbindung von Berlin bis an den Golf von Neapel.
Fontane bleibt Nordmensch selbst in Italien
Theodor Fontane war bereits weit gereist, als er 1875 seine zweite Italienreise antrat. Ihn zog es in die Städte in Oberitalien. Dabei besuchte er auch Mailand.
Doch Fontane setzte sich von seinen Zeitgenossen ab. Denn die verfielen ins Schwärmen und idealisierten das Leben in Italien. Seit Goethes „Italienischer Reise“ war für gebildete Deutsche Italien der Inbegriff von Kultur und Schönheit. Fontane dagegen reiht sich nicht in die vorgegebene Italien-Begeisterung ein.
„Ich bin Nordlandsmensch und Italien kann für mich, nicht dagegen an“, bekennt der norddeutsche Schriftsteller.
Er sieht Italien mit nüchtern bleibendem Blick.
„Er bleibt auch im Süden der märkische Skeptiker, Meister des unbefangenen Urteils und des trockenen Humors“, so Dieter Richter in dem Buch „Fontane in Italien“.
Fontane liebt das Urbane in Italien. Vor allem ist es die Stadt Mailand, die ihn fasziniert.
Er genießt die großstädtische Atmosphäre, den Glanz des Boulevards, rühmt die historische ebenso wie die moderne Architektur der Stadt. Allem voran die Galleria, der gegenüber die Berliner Passage unter den Linden zu einem Gässchen zusammen schrumpfe. Die moderne urbane Kultur der historischen Stadt Mailand lässt Fontane dann doch etwas ins Schwärmen geraten.
„Der moderne Mensch hält es nur da aus, wo sich zu der Schönheit der Natur auch noch anderes gesellt: Kirchen, Galerien, Theater, ein Kaffeehaus und ein Abendkonzert“.
Heimreisen
Golo Maurer hat in seinem über 500 Seiten umfassenden Buch „Heim Reisen“ das Thema Italien-Reise im Detail aufgeschlüsselt. „Goethe, Italien und die Suche der Deutschen nach sich selbst“, so der Untertitel des bei Rowohlt 2021 erschienenen Buch.
Der Fokus im Buch liegt zunächst – wie sollte es auch anders ein – auf der Italienreise Goethes. Denn die Reise Goethes nd sein Bericht waren der Ursprung für eine Rom- und Italienbegeisterung vor allem im Bildungsbürgertum, die bis in die jüngste Zeit anhält. Über Jahrhunderte zog es Intellektuelle, Künstler und Schriftsteller auf den Spuren Goethes nach Italien.
Maurer führt den Leser zunächst ins Weimar, wie es 1775 war, als der 26jährige Goethe in die Stadt kam. „Man muss nicht an Paris denken, es reichten schon Frankfurter Maßstäbe, um Weimar im Boden versinken zu lassen“, schreibt der Kunsthistoriker Maurer.
Quellen:
- Golo Maurer: „Heimreisen: Goethe, Italien und die Suche der Deutschen nach sich selbst“, Rowohlt, Hamburg 2021
- Dieter Richter: „Fontane in Italien“, Wagenbach, Berlin 2019
- Joachim Fest: „Im Gegenlicht – eine italienische Reise“, 3. Auflage, Hamburg 2016
- Jörg-Dieter Kogel: „Im Land der Träume mit Sigmund Freud in Italien“, Aufbau, Berlin 2019
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